Was ist Ausbildungsmarketing?

Sie können das beste Produkt der Welt anbieten. Wenn niemand Sie und Ihr Produkt kennt, wird keiner haben wollen. Das ist einer der Grundwahlsprüche des Produktmarketing. So verhält es sich auch im Bereich Ausbildung. Hartnäckig hält sich in der Öffentlichkeit die Meinung, Marketing sei Werbung. Werbung ist ein Teil des Marketing, doch dahinter steckt viel mehr! Im weitesten Sinne ist alles Marketing — jedes Wort und jede Tat. Denn all das spiegelt Ihr Unternehmen nach außen hin wieder. So ist es auch beim Ausbildungsmarketing.

 

Ausbildungsmarketingmix

 

Das Ausbildungsmarketing erstreckt sich über die von Ihnen angebotenen Ausbildungsplätze samt Ausbildungsbedingungen und Zukunftsaussichten, die Vergütung Ihrer Lehrlinge sowie die Art und Weise, wie Sie Schüler und Absolventen auf Ihre Lehrstelle aufmerksam machen. Auch Ihr Vorgehen bei der Auswahl für Sie interessanter Bewerber ist ein wesentlicher Teil des Ausbildungsmarketing. Die einzelnen Bestandteile des Ausbildungsmarketingmix werden im Folgenden erklärt und verdeutlichen, wie viel mehr hinter dem Begriff Ausbildungsmarketing steckt.

Die Ausbildungspolitik

Sie umfasst das Angebot an vakanten Ausbildungsplätzen, welche durch die Personalabteilung festgelegt wurde. Da in der Regel zur Deckung des eigenen Personalbedarfs ausgebildet wird ist zu beachten, dass der Bedarf an Azubis angesichts einer Ausbildungsdauer von 24 bis 42 Monaten einer vorausschauenderen Planung als der herkömmlichen Personalplanung bedarf. Kein Azubi möchte nach seiner erfolgreichen Ausbildung auf der Straße landen.

Die Gestaltung des Ausbildungsplatzes sowie die zur Informationsvermittlung angewandten Ausbildungsmethoden können frei gestaltet werden. Hierbei ist entscheidend, ob ein Betrieb seine Azubis selbst ausbildet, eventuell eine separate interne Abteilung dafür nutzt oder auf die Dienste außerbetrieblicher Ausbildungsstätten zurückgreift. In Kleinbetrieben ist es üblich, dass Azubis direkt im Betrieb mitarbeiten und dort während des Wertschöpfungsprozesses betreut werden. Großunternehmen betreiben oft Ausbildungszentren. Dort werden die Azubis von eigens dafür angestellten Ausbildern betreut und sind meistens außerhalb der Wertschöpfung mit der Durchführung von Projekten beschäftigt.

Von Bedeutung sind außerdem das Angebot an Weiterbildungsmöglichkeiten und die Chance nach Beendigung der Ausbildung weiterhin in dem selben Betrieb einen festen Arbeitsplatz zu bekommen. Solche Pluspunkte können in jeder Form der Öffentlichkeitsarbeit den potenziellen Bewerbern genannt werden, denn es sind überzeugende Argumente für gute Leute, sich gerade bei Ihnen zu bewerben.

Die Ausbildungsvergütung

Sie bezeichnet die monetäre und nicht monetäre Vergütung der Azubis während der Ausbildung. Jugendliche brennen darauf, ihr erstes eigenes Geld zu verdienen. Natürlich sollte bei der Entscheidung für einen Ausbildungsplatz nicht der Verdienst in der Lehrzeit die tragende Rolle spielen. Dennoch ist beispielsweise ein angemessener Verdienst oder auch Zusatzleistungen für gute Leistungen ein Indiz für gutes Betriebsklima und somit für Jugendliche wichtig.

Die Auszubildendenwerbung

Als Basis der kommunikationspolitischen Instrumentarien dient im Ausbildungsmarketing die Auszubildendenwerbung. Hierdurch soll Imagepflege betrieben werden, also die Darstellung des Unternehmens in der Öffentlichkeit als attraktive Ausbildungseinrichtung und zukünftiger Arbeitgeber nach deren Beendigung. Ob ein Bewerber sich dazu entschließt, seine Unterlagen bei einem Unternehmen einzureichen, hängt hauptsächlich vom Unternehmensimage ab, da ihm interne Informationen über bspw. die Qualität der Ausbildung fehlen. Zwischen dem Selbstbild eines Unternehmens und dem Eindruck außenstehender Personen liegen häufig eklatante Unterschiede. Es muss beachtet werden, dass der persönliche Eindruck sowohl eines Angestellten als auch eines Bewerbers meist subjektiv ist und nicht immer der Realität entspricht.

Durch die Öffentlichkeitsarbeit soll eine Informationsvermittlung über aktuell unbesetzte Ausbildungsplätze erfolgen. Die Anzahl geeigneter Medien mit der Zielgruppe sowohl intern als auch extern zu kommunizieren sind vielfältig. Die Auszubildendenlwerbung auf dem öffentlichen Arbeitsmarkt stellt hauptsächlich eine Interaktion zwischen den interessierten Personen und einem oder mehreren für die Ausbildung Verantwortlichen dar. Dabei erfolgt die Anwerbung zukünftiger Azubis durch so genanntes Event- oder auch Erlebnismarketing. Allgemein werden durch Veranstaltungen eindrucksvolle Erlebnisse vermittelt, die bei dem Umworbenen einen positiven Eindruck hinterlassen und so auch eine aus Sicht des Unternehmens positive Handlung auslösen sollen. Es sind hierbei Aktionen wie zum Beispiel der Tag der offenen Tür, Ausbildungsmessen, Praktika, der Girlsday, oder auch Kooperationen mit Schulen denkbar.

Während des gesamten Recruitingprozesses ist es die Aufgabe des Bewerberservice auf Anfragen Auskunft über offene Ausbildungsstellen zu geben und ständig in engem Kontakt mit den Bewerbern zu stehen und sie über den aktuellen Status ihrer Bewerbung informieren, von der zeitnahen Bestätigung des Bewerbungseinganges über die Einladungen zu den Eignungstests und Gruppenprojekten bis hin zur Vertragsausfertigung und der Blockeinteilung des Berufsschulunterrichtes. Die Informationsweitergabe ist ungemein wichtig, da sich die Bewerber ansonsten vernachlässigt oder ignoriert fühlen und sich dann für einen Ausbildungsplatz eines anderen Unternehmens entscheiden. Auch für das Image der Ausbildungsstätte ist die adäquate Organisation des Recruitingprozesses und der dazugehörigen Informationsvermittlung bedeutsam. Ein Bewerber, der sich über unzureichende Struktur des Auswahlverfahrens ärgert wird seine Erfahrungen an seinen Bekanntenkreis weitergeben, so dass diese darauf hin von einer Bewerbung in diesem Betrieb absehen.

Die Auszubildendenauswahl

Nachdem sich viele interessierte Bewerber für eine Bewerbung um einen Ausbildungsplatz entschieden haben ist es notwendig, die für eine Ausbildung geeigneten Jugendlichen im Rahmen eines Vorauswahlverfahrens aus der Masse der Bewerber heraus zu filtern. Dies ist der Zweck der Auszubildendenauswahl. Ein Auswahlverfahren muss so aufgebaut sein, dass auf Basis der zuvor aufgestellten Anforderungen eine Überprüfung der Kandidaten stattfinden kann. Um dies zu erreichen wird i. d. R. eine Reihe verschiedener Prüfungen in einer bestimmten Reihenfolge angewandt, um relevante Informationen über die Bewerber zu ermitteln. Da die spezifischen Anforderungen individuell auf die Bedürfnisse bzw. Anforderungen der Unternehmen abgestimmt werden ist es notwendig, ein endsprechendes Auswahlverfahren für ein Unternehmen zu konzipieren. Die Parameter, die eine funktionelle Auswahlprozedur erfüllen muss, werden in die sog. Validität, Praktikabilität, Akzeptanz und Reliabilität eingeteilt. Diese Bestandteile sind teilweise miteinander verbunden und beeinflussen sich gegenseitig. Nachfolgend werden Sie kurz dargestellt.

Die Validität drückt den Grad der Tauglichkeit eines Auswahlverfahrens aus, wie genau die gewonnen Daten des Verfahrens sind bzw. wie nützlich das Verfahren bei der Bewerberauswahl ist. Dies zeigt sich dadurch dass sich Prüflinge, die nach der Prüfung als geeignet erscheinen, die Ausbildung tatsächlich ohne Probleme absolvieren. Auch die Einstellung des Prüfers gegenüber den zu Prüfenden spielt eine wesentliche Rolle. Ein Prüfer sollte sich immer objektiv gegenüber den Prüflingen bzw. bei der Auswertung der Daten verhalten.

Unter Praktikabilität wird das Verhältnis zwischen dem betriebenen finanziellen und zeitlichen Aufwand und dem Nutzen für das Unternehmen verstanden. Hiervon hängt ab, ob das Auswahlverfahren langfristig angewandt werden kann oder nicht. So kann ein ausgefeiltes Auswahlverfahren, dass durch seinen Umfang aber praktisch nicht durchführbar ist, zu keinem befriedigenden Ergebnis führen. Auch ein zu einfach gehaltenes Verfahren, dass zwar aus finanzieller Sicher günstig erscheint, aber keine auswertbaren Ergebnisse liefert, ist nicht praktikabel.

Die Akzeptanz des Auswahlverfahrens spielt in Verbindung mit dem Gedanken des Ausbildungsmarketing eine große Rolle. Die am Verfahren teilnehmenden Bewerber sollten das Gefühl haben, dass die abgefragten Inhalte in Bezug auf die Ausbildung sinnvoll ist und der Ablauf des Verfahrens und möglichst schnell abläuft.

Unter Reliabilität versteht man die Genauigkeit der durch das Auswahlverfahren gewonnenen Ergebnisse. Nach Dietl wird ein genauer Test, der von einem Prüfling mehrmals durchgeführt wird, immer zum gleichen Ergebnis kommen. Allerdings ist diese Art von Überprüfung des Tests schwierig, da der Test nach der ersten Durchführung beim Prüfling bereits bekannt sein dürfte. Somit ist eine Überprüfung der Genauigkeit solcher Tests schwierig. Außerdem werden die Testinhalte oft von den Prüflingen an den Bekanntenkreis weiter gegeben, so dass der Inhalt nach einiger Zeit allgemein bekannt ist und so die Genauigkeit abnimmt.

Gängiger Bestandteil des Auswahlverfahrens ist das Sichten und Vergleichen der Bewerbungsunterlagen mit einem zuvor festgelegten Anforderungsprofil. Das Anforderungsprofil hat zwei Grundfunktionen. Die darin schriftlich verankerten Voraussetzungen zur Ausbildung werden publiziert, um ungeeignete Interessenten schon im Vorfeld von einer Bewerbung abzuhalten. Darüber hinaus dienen sie im Rahmen der Bewerberauswahl um Kandidaten anhand ihrer Bewerbungsunterlagen zu bewerten. Weitere gängige Methoden sind das Testen der Hard- und Softskills der Bewerber mittels Eignungstests und praktischen Übungen sowie Vorstellungsgesprächen. Diese Methoden werden in einer bestimmten zuvor festgelegten Reihenfolge von den Bewerbern, deren Leistungen dem Anforderungsprofil entsprechen, durchlaufen. Damit wird sichergestellt, dass die in der Bewerbung angegebenen Qualitäten der potenziellen Auszubildenden auch der Realität entsprechen, der Azubi seine Ausbildung wegen Überforderung nicht vorzeitig abbricht und eine spätere Vermittlung in den Betrieb möglich ist. Das Vorgehen während der Auszubildendenauswahl beeinflusst darüber hinaus auch das bereits angesprochene Image des Ausbildungsbetriebs. Ein Bewerber versucht sich mit Hilfe seiner Bewerbungsunterlagen möglichst positiv dem verantwortlichen Personalmitarbeiter zu präsentieren. Die gleiche Funktion erfüllt die Korrespondenz des Unternehmens mit dem Bewerber. Es ist also erforderlich, dass der Bewerber ständig über den Status seiner Bewerbung informiert wird. Sollte dies nicht geschehen wird der Bewerber von einer negativen Bewertung seiner Unterlagen ausgehen und sich für den Ausbildungsplatz eines anderen Unternehmens entscheiden. Außerdem wird er seinen negativen Eindruck an Bekannte und Verwandte weitergeben, so dass diese evtl. von einer Bewerbung absehen. Auch der Inhalt eines Informationsschreibens, ganz besonders den des Absageschreibens, sollte mit Bedacht gewählt werden, da ein ungeschickt formulierter Satz den durch den Anlass schon negative Eindruck des Bewerbers bezüglich des Unternehmens noch verstärken kann.

Sie sehen, Ausbildungsmarketing ist vielschichtiger als man glaubt.

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